53
"L'Impériale"
D-Dur
Sinfonien um 1777-1779
Herausgeber: Sonja Gerlach und Stephen C. Fisher; Reihe I, Band 9; G. Henle Verlag München
Hob.I:53 Symphonie in D-Dur ("L'Impériale")
Die langsame Einleitung, ein Largo maestoso, leitet über zu einem Vivace mit einer für Haydn ungewohnten gleichbleibenden viertaktigen Phrasenbildung, die auf die Dreiklangsstruktur des Hauptmotivs zurückzuführen ist und die zudem durch die langsame harmonische Bewegung hervorgehoben wird. Vielleicht impliziert dies eine Verbindung mit der Bühnenmusik wie wir dies vom Finale her kennen. Diese ungewöhnliche Phrasenbildung wird nicht nur in der zweiten Gruppe fortgeführt, in der das Hauptthema in den Bass wandert und zu einer darüberliegenden, lebhaften Gegenstimme in Achteln geführt wird, sondern erstreckt sich, was noch erstaunlicher ist, auch auf den ersten Teil der Durchführung. Letztere erhält schließlich eine kontrapunktische Führung und beschleunigt sich — wenn dies kein interpretatorisches Zuviel ist — zu Zweitakt-Einheiten; schließlich führt das Hauptmotiv, unter ausgehaltenen Tönen von Blasinstrumenten, in einer herrlichen Passage von "ausgesetzter Lebhaftigkeit" chromatisch zurück in die Reprise. Im Menuett "schließt" der zweite Teil bezeichnenderweise auf einem Trugschluss, wonach eine analoge Passage über einem dominantischen Orgelpunkt die abschließende schwungwolle Passage vorbereitet.
Das Andante-Thema klingt so, als ob es Haydn an eine populäre Melodie angelehnt hätte, auch wenn kein Modell ausfindig gemacht werden konnte; höchstwahrscheinlich hat er es selbst geschrieben. Es steht für seine ganze Welt, in der hohe Kunst unter scheinbarer Schlichtheit verborgen ist. Das satztechnisch einfache Thema besteht aus einer unkomplizierten Doppelperiode, 8 + 8 Takte; jeder Abschnitt ist durch Halbschlüsse in 4+4 Takte unterteilt, und weiter in 2+2+2+2 Takte durch die gleichbleibenden zweitakti-gen Unterphrasen, die stets an dasselbe Motiv gebunden sind. Dennoch ist jede Unterphrase von allen anderen verschieden; außerdem ist die Begleitung im zweiten Abschnitt durch Synkopierungen, Chromatik und Legato dezent umgestaltet, was zu einem deutlichen, wenn auch abgeschwächten Höhepunkt führt. Insgesamt gesehen ist der Satz ein frühes Beispiel der später von Haydn bevorzugten Form des langsamen Satzes: doppelte Variationen über alternierende Dur- und Mollfassungen verwandter Themen.
Von den beiden Finalsätzen (s. die historischen und chronologischen Anmerkungen) ist der spätere, "A", mit "Capriccio. Moderato" bezeichnet. Das Hauptthema dieses Satzes besteht aus einem kunstvollen zweiteiligen Aufbau: a | b—a, mit einer Modulation zur Dominante in "b"; der scheinbar ruhige Verlauf des Hauptthemas wird durch die fünftaktige Phrasenbildung in "a" Lügen gestraft. Der Satz besteht insgesamt aus einer ausgedehnten dreiteiligen Form, wobei der mittlere Abschnitt in der Molltonika steht; er beginnt mit demselben Motiv, nimmt jedoch bald seinen eigenen Weg, und zwar mit einer sonderbaren "weinerlichen" Melodie bei der ersten Kadenz, mit einem durchführungsähnlichen Abschnitt (der an einer Stelle an den ersten Satz von Mozarts "Jupiter"-Symphonie erinnert) und mit einer sehr ausgedehnten Rückführung, die auf dem Hauptmotiv basiert. Die Reprise ist zum Schluss hin erheblich erweitert. Das frühere Finale "B" bestätigt seine Herkunft von der Ouvertüre durch seine geschäftige Lebhaftigkeit (außer im zweiten Thema), durch das Fehlen interner Wiederholungen und seine ausgedehnte sequenzierende Durchführung.
©James Webster
Analyse

Analyse der Sätze





Musiker

Musiker
Anders als etwa bei den Opern lassen sich bei den Sinfonien, auf Grund ihrer unklaren zeitlichen Zuordnung, vollständige Besetzungs- bzw. Namenslisten der Orchestermusiker nicht anführen. Und es ist überhaupt nur bei einer der drei „Sinfonie-Schaffens-Phasen“ möglich, nämlich der mittleren Phase, jener am Hofe der Esterházys (1761-1781 letzte Sinfonie für das Esterház-Publikum) respektive 1790). Bei der ersten Phase, im Dienste des Grafen Morzin, also vor Esterházy (1757-1761) und der dritten Phase, jener danach (1782-1795) ist es überhaupt nicht möglich. Im Übrigen lässt sich die dritte Phase wiederum in drei Abschnitte gliedern: Jenen, in dem Haydn erstmals für ein „anderes“ Publikum als seines am Hofe Esterház komponierte (1782-1784), den Pariser Sinfonien (1785-1786) und den Londoner Sinfonien bis (1791-1795).
Namens- bzw. Gehaltslisten – und aus jenen wurde die Orchesterbesetzung „extrahiert“ - existieren also nur aus der Schaffensphase im Dienst der beiden Fürsten Esterházy, also von 1761 bis 1782.
Daher werden „nur“ jene Musiker angeführt, die im Dienste der beiden Fürsten Esterházy standen und mit Sicherheit über einen längeren Zeitraum in Haydns Orchester wirkten, quasi ein „All-Time – All-Stars-Orchester“. Ich behielt bei den betreffenden Musikern die Jahreszahl „-1790“ bei, da mit Sicherheit Haydn auch nach 1782 seine Sinfonien am Hofe zu Gehör brachte.
Flöte | Franz Sigl 1761-1773 |
Flöte | Zacharias Hirsch 1777-1790 |
Oboe | Michael Kapfer 1761-1769 |
Oboe | Georg Kapfer 1761-1770 |
Oboe | Anton Mayer 1782-1790 |
Oboe | Joseph Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Johann Hinterberger 1761-1777 |
Fagott | Franz Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Joseph Steiner 1781-1790 |
Horn (spielte Violine) | Franz Pauer 1770-1790 |
Horn (spielte Violine) | Joseph Oliva 1770-1790 |
Pauke oder Fagott | Caspar Peczival 1773-1790 |
Violine | Luigi Tomasini 1761-1790 |
Violine (Stimmführer 2. Vl) | Johann Tost 1783-1788 |
Violine | Joseph Purgsteiner 1766-1790 |
Violine | Joseph Dietzl 1766-1790 |
Violine | Vito Ungricht 1777-1790 |
Violine (meist Viola) | Christian Specht 1777-1790 |
Violoncello | Anton Kraft 1779-1790 |
Violone | Carl Schieringer 1768-1790 |
Medien

Musik
Antal Dorati
Joseph Haydn
The Symphonies
Philharmonia Hungarica
33 CDs, aufgenommen 1970 bis 1974, herausgegeben 1996 Decca (Universal)




