51
B-Dur
Sinfonien um 1770-1774
Herausgeber: Andreas Friesenhagen und Ulrich Wilker; Reihe I, Band 5b; 2013, G. Henle Verlag München
Hob.I:51 Symphonie in B-Dur
Obwohl diese Symphonie nicht so ausdrucksstark ist wie die Nr. 45-47, ist sie doch genauso originell oder exzentrisch. In dem Anfangsvivace besteht das Hauptthema aus drei Teilen: einer kraftvollen Unisonofigur im Forte, einer ruhigen Weiterentwicklung nur für Streicher und einem geheimnisvollen, tiefen Unisonomotiv für Streicher und das zweite Horn, das nicht in der Tonika, auf D endet. Der Gesamtkomplex wird wiederholt, wobei das D des Horns zur Dominante von g-Moll wird. Dies leitet die lebhafte Überleitung ein, die nahtlos in die ebenso lebhafte zweite Themengruppe überführt. Erst später erklingt ein ruhiges, kontrastierendes Thema, dessen Erweiterung die Kontraste jedoch bis in eine extreme Exzentrik erhalten.
Erstaunlicherweise nimmt die Durchführung die abschließende Phrase der Exposition auf, was zu einer "falschen Reprise" des Hauptthemas auf der Subdominante führt und schließlich zur Wiederholung eines großen Teils der zweiten Gruppe, wieder in g-Moll. Als das ruhige Thema gerade zur Kadenz ansetzt, unterbricht Haydn mit einer chromatischen Passage, die erneut nach D-Dur im Bass führt, harmonisiert zur Tonika in der ersten Umkehrung, während, als ob gerade nichts Ungewöhnliches passieren würde, die zweite Phrase des Anfangsthemas einsetzt und man sich mitten in der Reprise befindet.
Das in Sonatenform stehende Adagio in Es-Dur zeichnet sich durch einige bemerkenswerte Soli für die zwei Hörner aus: Das erste Horn führt — schwindelerregend hoch — ein achttaktiges Thema in der Tonika an, dann moduliert das zweite Horn — unfassbar tief (mit "Stopftönen") — zur Dominante. Die erste Oboe gesellt sich dazu, und die relativ kurze zweite Gruppe kadenziert recht bald mit einer chromatischen Färbung in der Schlussgruppe. Die Durchführung beginnt mit neuen Oboensoli, gefolgt von den zwei Hörnern, die nun zusammenspielen. Eine lange, sinnierende Passage nur für Streicher führt zur Reprise. Diese zeigt sich in veränderter Form: das Solo des zweiten (tiefen) Horns wird durch ein neues, aktiveres ersetzt; die zweite Themengruppe kehrt wesentlich früher zurück, wird dann aber sehr ausgedehnt, einschließlich einer ausgeschriebenen Kadenz für die Streicher.
Wie das Menuett in Nr. 47 basiert dieses Menuett auch auf einem Kunstgriff. Es ist nur sechzehn Takte (8 + 8) lang; der Bass umfasst acht Wiederholungen des gleichen zweitaktigen Motivs in unterschiedlicher Tonlage, die eine Esterházy-Stimmensammlung zur Freude der Musiker verschlüsselt als "Rätselnotation" wiedergibt. Die Existenz von zwei Trios ist einzigartig in Haydns sinfonischem Gesamtwerk.
Die Symphonie endet mit einem der frühesten Variationsfinali Haydns (in diesem Fall wäre die Bezeichnung "Variationsrondo" genauer: einige "Variationen" sind in unterschiedlichen Tonarten gehalten und stellen neue thematische Ideen vor). Das ungekünstelt verspielte Thema für Streicher allein birgt einen ganzen Kunstschatz in sich. Die erste, dritte und fünfte Variation fügen immer neue Effekte der Dynamik und Instrumentierung hinzu. Die zweite Variation ist ein Solo für die erste Oboe, während die vierte ein erstaunlich leidenschaftlicher Ausbruch in g-Moll ist. Nach der fünften Variation folgt eine kurze, exzentrisch endende Coda.
©James Webster
Analyse

Analyse der Sätze




Musiker

Musiker
Anders als etwa bei den Opern lassen sich bei den Sinfonien, auf Grund ihrer unklaren zeitlichen Zuordnung, vollständige Besetzungs- bzw. Namenslisten der Orchestermusiker nicht anführen. Und es ist überhaupt nur bei einer der drei „Sinfonie-Schaffens-Phasen“ möglich, nämlich der mittleren Phase, jener am Hofe der Esterházys (1761-1781 letzte Sinfonie für das Esterház-Publikum) respektive 1790). Bei der ersten Phase, im Dienste des Grafen Morzin, also vor Esterházy (1757-1761) und der dritten Phase, jener danach (1782-1795) ist es überhaupt nicht möglich. Im Übrigen lässt sich die dritte Phase wiederum in drei Abschnitte gliedern: Jenen, in dem Haydn erstmals für ein „anderes“ Publikum als seines am Hofe Esterház komponierte (1782-1784), den Pariser Sinfonien (1785-1786) und den Londoner Sinfonien bis (1791-1795).
Namens- bzw. Gehaltslisten – und aus jenen wurde die Orchesterbesetzung „extrahiert“ - existieren also nur aus der Schaffensphase im Dienst der beiden Fürsten Esterházy, also von 1761 bis 1782.
Daher werden „nur“ jene Musiker angeführt, die im Dienste der beiden Fürsten Esterházy standen und mit Sicherheit über einen längeren Zeitraum in Haydns Orchester wirkten, quasi ein „All-Time – All-Stars-Orchester“. Ich behielt bei den betreffenden Musikern die Jahreszahl „-1790“ bei, da mit Sicherheit Haydn auch nach 1782 seine Sinfonien am Hofe zu Gehör brachte.
Flöte | Franz Sigl 1761-1773 |
Flöte | Zacharias Hirsch 1777-1790 |
Oboe | Michael Kapfer 1761-1769 |
Oboe | Georg Kapfer 1761-1770 |
Oboe | Anton Mayer 1782-1790 |
Oboe | Joseph Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Johann Hinterberger 1761-1777 |
Fagott | Franz Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Joseph Steiner 1781-1790 |
Horn (spielte Violine) | Franz Pauer 1770-1790 |
Horn (spielte Violine) | Joseph Oliva 1770-1790 |
Pauke oder Fagott | Caspar Peczival 1773-1790 |
Violine | Luigi Tomasini 1761-1790 |
Violine (Stimmführer 2. Vl) | Johann Tost 1783-1788 |
Violine | Joseph Purgsteiner 1766-1790 |
Violine | Joseph Dietzl 1766-1790 |
Violine | Vito Ungricht 1777-1790 |
Violine (meist Viola) | Christian Specht 1777-1790 |
Violoncello | Anton Kraft 1779-1790 |
Violone | Carl Schieringer 1768-1790 |
Medien

Musik
Antal Dorati
Joseph Haydn
The Symphonies
Philharmonia Hungarica
33 CDs, aufgenommen 1970 bis 1974, herausgegeben 1996 Decca (Universal)



