65
A-Dur
Sinfonien um 1766-1769
Herausgeber: Andreas Friesenhagen und Christin Heitmann; Reihe I, Band 5a; 2008, G. Henle Verlag München
Hob.I:65 Symphonie in A-Dur
Diese Symphonie ist beinahe ebenso "theatralisch" wie die Nr. 59. Zwar steht ihr einleitendes Vivace e con spirito der "neutralen" Rhetorik gewöhnlicher Symphonien näher; aber immerhin wird darin auf herrlich launige und originelle Weise der anfängliche Kontrast auskomponiert: zwischen drei Aufmerksamkeit heischenden "Hammerschlag"-Akkorden (man beachte die ungewöhnliche melodische Abfolge 1-4-3) und der nachfolgenden ruhigen, immer wieder von der Tonika abweichenden Melodie. Geistreich setzt Haydn bereits zu Anfang der Durchführung eine "Scheinreprise" ein, und zwar nur der ruhigen Melodie und nicht der Hammerschläge, und anschließend komponiert er die "echte" Reprise um. Das Andante wiederum ist derart exzentrisch, dass es unaufhaltsam den Gedanken an die Bühne heraufbeschwört. Es ist in Sonatensatzform gehalten, aber sein unerwartetes, gelegentlich desorientierendes Aneinanderreihen von vier unvereinbaren Motiven -einer Cantabile-Phrase mit von der Tonika abweichendem Kopfmotiv in Triolen, einer Bläserfanfare, einem kargen Orgelpunkt aus wiederholten Noten und einer gewundenen Phrase für Unisonostreicher - scheint jeder formalen und rhetorischen Schicklichkeit zu spotten.
Das Menuett verblüfft durch seinen Rhythmus. Eine "normale" Eröffnungsphrase mit hervorstechenden Doppelschlagmotiven auf dem jeweils ersten Taktteil wird in der Dominante beantwortet; nun jedoch erscheint die Doppelschlagfiguration akzentuiert auf jedem vierten Taktschlag (im gesamten Gefüge, nicht nur als Synkope zu ansonsten stetiger Betonung auf dem ersten Takt). Der plötzliche Ausbruch in 4/4-Takt wirkt in diesem Zusammenhang schockierend; man könnte sich an Brahms erinnert fühlen, wenn dieser spätere Bewunderer Haydns seine rhythmischen Spielereien in ebenso unverhohlener Manier ausgeführt hätte. Das Trio steht wie das der Nr. 59 in der Moll-Tonika und wird von den Streichern allein dargeboten; es wechselt zwischen einem verstohlen verschwörerischen ornamentalen Ostinato und einer eindeutig verschwörerischen ansteigenden Sequenz hin und her; letztere ist als Hemiole angelegt: in Form von Gruppierungen aus zwei Noten im Rahmen eines 3/4-Takts, und mithin in "gegenteiliger" rhythmischer Deformation wie das Menuett. Das Presto-Finale ist ein übermütiger Tanz, in dessen Verlauf die charakteristische melodische Figuration im 12/8-Takt durch einen Hornruf in Oktaven eingeführt wird. Bald darauf übernehmen die Hörner die 12/8-Figuration, begleitet von mächtigen Streicherakkorden (man wird an die Hammerschläge des ersten Satzes erinnert), und es entspinnt sich eine ausgelassene Final-Exposition. Zu Beginn der Durchführung bringt der Hornruf eine von Haydns verblüffendsten Überraschungen hervor. Hiernach herrscht Ruhe, außer dass am Anfang der Reprise weder das tänzerische Motiv noch die Hammerschläge zu hören sind — nur um nach einer Wiederholung des ersten Themas im Stile einer Coda als stürmischer Höhepunkt dieses prachtvollen Finales zurückzukehren.
©James Webster
Analyse

Analyse der Sätze




Musiker

Musiker
Anders als etwa bei den Opern lassen sich bei den Sinfonien, auf Grund ihrer unklaren zeitlichen Zuordnung, vollständige Besetzungs- bzw. Namenslisten der Orchestermusiker nicht anführen. Und es ist überhaupt nur bei einer der drei „Sinfonie-Schaffens-Phasen“ möglich, nämlich der mittleren Phase, jener am Hofe der Esterházys (1761-1781 letzte Sinfonie für das Esterház-Publikum) respektive 1790). Bei der ersten Phase, im Dienste des Grafen Morzin, also vor Esterházy (1757-1761) und der dritten Phase, jener danach (1782-1795) ist es überhaupt nicht möglich. Im Übrigen lässt sich die dritte Phase wiederum in drei Abschnitte gliedern: Jenen, in dem Haydn erstmals für ein „anderes“ Publikum als seines am Hofe Esterház komponierte (1782-1784), den Pariser Sinfonien (1785-1786) und den Londoner Sinfonien bis (1791-1795).
Namens- bzw. Gehaltslisten – und aus jenen wurde die Orchesterbesetzung „extrahiert“ - existieren also nur aus der Schaffensphase im Dienst der beiden Fürsten Esterházy, also von 1761 bis 1782.
Daher werden „nur“ jene Musiker angeführt, die im Dienste der beiden Fürsten Esterházy standen und mit Sicherheit über einen längeren Zeitraum in Haydns Orchester wirkten, quasi ein „All-Time – All-Stars-Orchester“. Ich behielt bei den betreffenden Musikern die Jahreszahl „-1790“ bei, da mit Sicherheit Haydn auch nach 1782 seine Sinfonien am Hofe zu Gehör brachte.
Flöte | Franz Sigl 1761-1773 |
Flöte | Zacharias Hirsch 1777-1790 |
Oboe | Michael Kapfer 1761-1769 |
Oboe | Georg Kapfer 1761-1770 |
Oboe | Anton Mayer 1782-1790 |
Oboe | Joseph Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Johann Hinterberger 1761-1777 |
Fagott | Franz Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Joseph Steiner 1781-1790 |
Horn (spielte Violine) | Franz Pauer 1770-1790 |
Horn (spielte Violine) | Joseph Oliva 1770-1790 |
Pauke oder Fagott | Caspar Peczival 1773-1790 |
Violine | Luigi Tomasini 1761-1790 |
Violine (Stimmführer 2. Vl) | Johann Tost 1783-1788 |
Violine | Joseph Purgsteiner 1766-1790 |
Violine | Joseph Dietzl 1766-1790 |
Violine | Vito Ungricht 1777-1790 |
Violine (meist Viola) | Christian Specht 1777-1790 |
Violoncello | Anton Kraft 1779-1790 |
Violone | Carl Schieringer 1768-1790 |
Medien

Musik
Antal Dorati
Joseph Haydn
The Symphonies
Philharmonia Hungarica
33 CDs, aufgenommen 1970 bis 1974, herausgegeben 1996 Decca (Universal)



