74
Es-Dur
Sinfonien um 1780/81
Herausgeber: Heide Volckmar-Waschk und Stephen C. Fisher; Reihe I, Band 10; G. Henle Verlag München
Hob.I:74 Symphonie in Es-Dur
In diesem Werk sind die allgemein verbreiteten Stilaspekte, die für diese Zeit charakteristisch waren, mit Chromatik, überlegener Kunstfertigkeit und expressiver Heftigkeit vermischt. Der erste Satz, ein Vivace assai, ist geprägt von dem Kontrast zwischen drei lauten "Hammerschlägen" (später erscheinen weitere verwandte Ideen) und einem ruhigen Motiv mit dem Rhythmus: lang-lang-kurzkurz—kurz (die langen Noten fallen stufenweise, die kurzen Noten werden einfach wiederholt). Das letztere Motiv gibt Anlass zu bemerkenswerten grüblerischen Passagen in der Durchführung und auch gegen Ende der Reprise, bevor Haydn den Satz lachend mit einem brillanten Schluss beendet.
Das Hauptthema des langsamen Satzes weist die lebhafte Tiefgründigkeit auf, die für viele von Haydns langsamen Sätzen charakteristisch ist. Formal ist der Satz ein einfaches Rondo, A-B-A1-B1-A2-Coda, wobei das erste B in der Dominante und das zweite (gekürzte) in der Subdominante steht; jede Rückkehr des ausgedehnten A-Themas ist im melodischen Detail und der Instrumentation reich variiert. Vor der kadenzierende Schlusssteigerung bringt die wunderbare Coda einen kürzeren, variierten Abschnitt für die Bläser allein und danach zwei für die Streicher; alle drei weisen eine reiche kontrapunktische Arbeit auf und sind expressiv gestaltet.
Das Menuett bringt den lombardischen Rhythmus, während in dem Trio ein Solofagott die Violinmelodie verdoppelt; bei jeder Kadenz weist es irreguläre fünftaktige Phrasen auf. Das Finale, das die Sonatenhauptsatzform verwendet und im 6/8-Takt steht, beginnt mit einem ruhigen, verspielten, melodisch verwickelten Thema (es erinnert an das Thema des Finales aus Mozarts Streichquartett, KV 589, das in derselben Tonart und derselben Taktart steht): Die ersten und zweiten Violinen beginnen alleine und im Einklang; im folgenden Takt antworten die tieferen Streicher mit einer Pseudoimitation. Das Thema kommt bald mit einem eigenartigen melodischen Verhallen auf der Dominante zum Stillstand; die Melodie bricht plötzlich laut im Bass hervor, die Violinen antworten mit einer neuen, hastenden Gegenmelodie, und wir befinden uns mitten in einem Wettrennen. Das Versprechen einer wirklichen imitativen Behandlung wird nicht erfüllt; stattdessen folgen geistreiche Scherze in Hülle und Fülle. Das Beste kommt zur Reprise: Die zweiten Violinen tragen das Thema alleine vor — woraufhin die ersten Violinen, die darüber verärgert sind, im Hintergrund stehen zu müssen, einen Takt "zu früh" einsetzen und direkt zu der hastenden Passage und dem Rest der Reprise übergehen — einschließlich einer kurzen Passage mit wirklicher Imitation!
©James Webster
Analyse

Analyse der Sätze




Musiker

Musiker
Anders als etwa bei den Opern lassen sich bei den Sinfonien, auf Grund ihrer unklaren zeitlichen Zuordnung, vollständige Besetzungs- bzw. Namenslisten der Orchestermusiker nicht anführen. Und es ist überhaupt nur bei einer der drei „Sinfonie-Schaffens-Phasen“ möglich, nämlich der mittleren Phase, jener am Hofe der Esterházys (1761-1781 letzte Sinfonie für das Esterház-Publikum) respektive 1790). Bei der ersten Phase, im Dienste des Grafen Morzin, also vor Esterházy (1757-1761) und der dritten Phase, jener danach (1782-1795) ist es überhaupt nicht möglich. Im Übrigen lässt sich die dritte Phase wiederum in drei Abschnitte gliedern: Jenen, in dem Haydn erstmals für ein „anderes“ Publikum als seines am Hofe Esterház komponierte (1782-1784), den Pariser Sinfonien (1785-1786) und den Londoner Sinfonien bis (1791-1795).
Namens- bzw. Gehaltslisten – und aus jenen wurde die Orchesterbesetzung „extrahiert“ - existieren also nur aus der Schaffensphase im Dienst der beiden Fürsten Esterházy, also von 1761 bis 1782.
Daher werden „nur“ jene Musiker angeführt, die im Dienste der beiden Fürsten Esterházy standen und mit Sicherheit über einen längeren Zeitraum in Haydns Orchester wirkten, quasi ein „All-Time – All-Stars-Orchester“. Ich behielt bei den betreffenden Musikern die Jahreszahl „-1790“ bei, da mit Sicherheit Haydn auch nach 1782 seine Sinfonien am Hofe zu Gehör brachte.
Flöte | Franz Sigl 1761-1773 |
Flöte | Zacharias Hirsch 1777-1790 |
Oboe | Michael Kapfer 1761-1769 |
Oboe | Georg Kapfer 1761-1770 |
Oboe | Anton Mayer 1782-1790 |
Oboe | Joseph Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Johann Hinterberger 1761-1777 |
Fagott | Franz Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Joseph Steiner 1781-1790 |
Horn (spielte Violine) | Franz Pauer 1770-1790 |
Horn (spielte Violine) | Joseph Oliva 1770-1790 |
Pauke oder Fagott | Caspar Peczival 1773-1790 |
Violine | Luigi Tomasini 1761-1790 |
Violine (Stimmführer 2. Vl) | Johann Tost 1783-1788 |
Violine | Joseph Purgsteiner 1766-1790 |
Violine | Joseph Dietzl 1766-1790 |
Violine | Vito Ungricht 1777-1790 |
Violine (meist Viola) | Christian Specht 1777-1790 |
Violoncello | Anton Kraft 1779-1790 |
Violone | Carl Schieringer 1768-1790 |
Medien

Musik
Antal Dorati
Joseph Haydn
The Symphonies
Philharmonia Hungarica
33 CDs, aufgenommen 1970 bis 1974, herausgegeben 1996 Decca (Universal)



