57
D-Dur
Sinfonien 1773 und 1774
Herausgeber: Wolfgang Stockmeier; Reihe I, Band 7; G. Henle Verlag München
Hob.I:57 Symphonie in D-Dur
Der Anfang der Nr. 57 ist ungewöhnlich; die Symphonie beginnt mit einer langsamen Einleitung, der bei weitem längsten, die Haydn bis dahin komponiert hatte. Das darauf folgende Allegro hat im Gegensatz zu den anderen Kopfsätzen in dieser Folge quasi eine Perpetuum mobile-Struktur (in Achteln) und einen langsamen, harmonischen Rhythmus. Es ist auch sehr lang, vor allem die Exposition; es gibt nicht nur einen, sondern gleich zwei kontrastierende piano-Abschnitte, und Haydn hat es gar nicht eilig (in allen diesen Punkten ähnelt das Allegro dem Kopfsatz von Nr. 42, ebenfalls in D-Dur; vgl. Folge 6).
Das Adagio im 6/8-Takt mit Thema und Variationen basiert auf einem der größten Geniestreiche Haydns. Das Thema besteht aus zwei Teilen; der erste Teil wechselt zwischen drei kontrastierenden Motiven: kurz und pizzicato; kurz und legato, länger und liedartig. Im zweiten Teil behauptet sich die melodische Linie jedoch früher, wird erweitert, und der Gefühlsausdruck vertieft sich — bis das ursprüngliche Pizzicato als Schlusskadenz wieder auftritt — ein alter Scherz, der von Haydn selten so bewegend realisiert wird wie hier. Der Rest des Satzes besteht aus vier Variationen, die herrliche Abwandlungen der Instrumentierung, filigrane Ausschmückungen für die Geigen und gegen Ende verstärkte Chromatik und dichtere Strukturen miteinander kombinieren. Leider besteht Haydn darauf, als abschließende Geste den Scherz noch einmal zu wiederholen.
Das Menuett, das auf einem munteren Doppelschlagmotiv aufbaut, hat einen stark verlängerten zweiten Teil und umfasst unter anderem eine klare Koda im Anschluss an die strukturelle Schlussphrase. Die beiden letzten Takte tanzen einstimmig durch den Dreiklang aufwärts und werden dann zu unserer Überraschung sofort in d-Moll wiederholt, als Anfang des Trios — aber so, dass die ersten vier Takte wie ein Übergang klingen, als ob das "eigentliche" Trio erst mit dem fünften Takt begänne und in B-Dur komponiert wäre. Erst ganz am Schluss wird die Form klar: Diese ersten Takte in d-Moll bilden tatsächlich den Anfang des Trios.
Das Finale ist ein ausgelassenes Prestissimo; das sehr schwierige Hauptthema (mit einem weiteren Doppelschlagmotiv) leitet sich anscheinend von einer österreichischen Albernheit aus dem 17. Jahrhundert mit dem Titel "Kanzone und Capriccio über das Gackern von Hennen und Hähnen" ab. Nichts stört die Dynamik; nur an einer Stelle legt Haydn eine kurze Pause ein, um seine typische Kombination von Witz und Gefühl einzufügen. Über den "Affekt" des Schlusses kann es jedoch keinen Zweifel geben.
©James Webster
Analyse

Analyse der Sätze





Musiker

Musiker
Anders als etwa bei den Opern lassen sich bei den Sinfonien, auf Grund ihrer unklaren zeitlichen Zuordnung, vollständige Besetzungs- bzw. Namenslisten der Orchestermusiker nicht anführen. Und es ist überhaupt nur bei einer der drei „Sinfonie-Schaffens-Phasen“ möglich, nämlich der mittleren Phase, jener am Hofe der Esterházys (1761-1781 letzte Sinfonie für das Esterház-Publikum) respektive 1790). Bei der ersten Phase, im Dienste des Grafen Morzin, also vor Esterházy (1757-1761) und der dritten Phase, jener danach (1782-1795) ist es überhaupt nicht möglich. Im Übrigen lässt sich die dritte Phase wiederum in drei Abschnitte gliedern: Jenen, in dem Haydn erstmals für ein „anderes“ Publikum als seines am Hofe Esterház komponierte (1782-1784), den Pariser Sinfonien (1785-1786) und den Londoner Sinfonien bis (1791-1795).
Namens- bzw. Gehaltslisten – und aus jenen wurde die Orchesterbesetzung „extrahiert“ - existieren also nur aus der Schaffensphase im Dienst der beiden Fürsten Esterházy, also von 1761 bis 1782.
Daher werden „nur“ jene Musiker angeführt, die im Dienste der beiden Fürsten Esterházy standen und mit Sicherheit über einen längeren Zeitraum in Haydns Orchester wirkten, quasi ein „All-Time – All-Stars-Orchester“. Ich behielt bei den betreffenden Musikern die Jahreszahl „-1790“ bei, da mit Sicherheit Haydn auch nach 1782 seine Sinfonien am Hofe zu Gehör brachte.
Flöte | Franz Sigl 1761-1773 |
Flöte | Zacharias Hirsch 1777-1790 |
Oboe | Michael Kapfer 1761-1769 |
Oboe | Georg Kapfer 1761-1770 |
Oboe | Anton Mayer 1782-1790 |
Oboe | Joseph Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Johann Hinterberger 1761-1777 |
Fagott | Franz Czerwenka 1784-1790 |
Fagott | Joseph Steiner 1781-1790 |
Horn (spielte Violine) | Franz Pauer 1770-1790 |
Horn (spielte Violine) | Joseph Oliva 1770-1790 |
Pauke oder Fagott | Caspar Peczival 1773-1790 |
Violine | Luigi Tomasini 1761-1790 |
Violine (Stimmführer 2. Vl) | Johann Tost 1783-1788 |
Violine | Joseph Purgsteiner 1766-1790 |
Violine | Joseph Dietzl 1766-1790 |
Violine | Vito Ungricht 1777-1790 |
Violine (meist Viola) | Christian Specht 1777-1790 |
Violoncello | Anton Kraft 1779-1790 |
Violone | Carl Schieringer 1768-1790 |
Medien

Musik
Antal Dorati
Joseph Haydn
The Symphonies
Philharmonia Hungarica
33 CDs, aufgenommen 1970 bis 1974, herausgegeben 1996 Decca (Universal)




